Skip to content
Studying

Cultureghem – oder wo befinden wir uns?

Seminar
Winter '19/20
Albert Papenhausen Fuster, Kim Bache und Frederike Hage

https://soundcloud.com/user-443952536

Die Arbeit ohne Titel, ein Podcast, beginnt ganz unvermittelt mit Frau Merkels Stimme. Wir sind gewöhnt uns zu bewegen, sagt sie, etwas zu unternehmen, zu reisen, wann wir wollen und wohin wir wollen. Die Stimme, die uns aus dem Off erreicht, ist überlagert mit Klaviergeklimper, das der ‚matter-of-factness‘ der Frau, die keine Einführung braucht, eine benebelnde Leichtigkeit verleiht. Man lässt sie weiterreden, doch bald wird sie übertönt vom immer lauter werden Klavier, das selbst kurz darauf, wenn auch nur kurzfristig, von anderen Klängen, anderen Rhythmen ergänzt wird – und dann, plötzlich, ist sie weg, die Stimme der Bundeskanzlerin. Sie wird abgelöst von einer choreographierten Reise durch unterschiedlichste Landschaften: wir tauchen in die Welt der Nachrichten ein, dann regt uns die Welt des Nachdenkens zum Reflektieren ein und in der Welt des Raums werden wir mit ganz konkreten Orten konfrontiert. Das Ganze ist über 30 Minuten hinweg abwechselnd begleitet, penetriert, akzentuiert, konterkariert von eben jenem Geklimper, das uns ganz am Anfang begrüßt hat und das gleichzeitig Ruhe bringt und dann uns Zuhörende in den Wahnsinn treibt und schließlich, als ob das noch nicht genug wäre, weiter überlagert wird von Klingelgeräuschen, von sounds of drills durchstochen und von Pings hier und Pings da nervös unterlaufen wird.

Wo befinden wir uns? Immer wieder kommt die Frage auf. An manchen Stellen stehen einfache Antworten. Die Chronologie des Virus, der uns auch jetzt noch, im Juni 2020 in seinem Bann hält, wird wiedergegeben. Wir lernen, an welchem Tag was und wo passiert ist, welche Einschränkungen und Maßnahmen wann eingeführt wurden. Und und und. Andere Geschichten sind allerdings weniger einfach und geradeheraus, lassen sich weniger schnell in knappen Sätzen erfassen. Doch sind es genau jene Geschichten – die kniffligen und komplexen, die schartigen und schwer greifbaren – die wohl weiter wichtig bleiben werden. Warum? Weil sie von den direkten Konsequenzen politischer Entscheidungen – den Mindestabständen, dem social distancing, der so rigorosen Verbannung der Öffentlichkeit, und vielem mehr – auf unterschiedlichste Leben und Lebenswelten reden. So ist die Arbeit ein Plädoyer für das genaue Hinschauen auf Effekte, Folgeerscheinungen und Nachwirkungen und auf die Vermeidung von Abstraktion, so schwer dies auch sein mag. Denn in der Abstraktion geht das Detail verloren.

CULTUREGHEM ist eine Initiative, die sich mit der Aufwertung des Stadtteils Anderlecht befasst. Aufgrund der hohen Kriminalitäts- und Verbrechensrate gilt Anderlecht seit mehreren Jahren in den Medien als eines der „Problemviertel“ der Stadt Brüssel. Cultureghem hat es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Image des Quartiers aufzuwerten und das soziale Miteinander zu verbessern.
Ausgangspunkt dafür ist das Abattoir, ein ehemaliges Schlachthofgelände, auf dem wöchentlich Märkte stattfinden. Mit verschiedenen kreativen, sozialen und kulturellen Angeboten, etwa einem großen Indoor-Spielplatz, einem Pop-Up-Restaurant, Veranstaltungen zu gesundem und nachhaltigen Lebensmittelumgang, durch foodsharing oder der Vermittlung und Bereitstellung von Räumlichkeiten und Unterstützung bei der Entwicklung neuer Ideen, fördert Cultureghem das aktive Zusammenleben im Viertel. Die Angebote richten sich an Menschen jeglichen Alters, Nationalität und Kultur und sollen durch die Befriedigung alltäglicher Bedürfnisse wie Essen, Gemeinschaft und Spielen die Menschen stärker miteinander verbinden.